Nicht die Oma im Garten – Über Bestattung, Trauer und Verantwortung
Shownotes
In dieser Folge sprechen Jan und Clemens über ein Thema, das uns alle betrifft – den Tod. Ausgangspunkt ist Allerheiligen, doch schnell geht es um tiefere Fragen:
Wie wollen wir bestattet werden? Was passiert, wenn jeder selbst entscheidet, wo er liegen möchte – vielleicht sogar im eigenen Garten? Und welche Folgen hat das für die, die zurückbleiben?
Ein Gespräch über neue Bestattungsgesetze, den Wandel der Trauerkultur und die Verantwortung gegenüber den Angehörigen – mit Witz, Tiefgang und einem Schuss Sarkasmus.
Oder, wie Clemens sagt: „Nicht die Oma im Garten, Freunde.“
Transkript anzeigen
00:00:00: Clemens Weins Hallöchen.
00:00:01: Clemens Weins Bei mir ist es wunderschön.
00:00:02: Clemens Weins Heute ist ein schöner Tag für uns.
00:00:02: Clemens Weins Ja, es scheint die Sonne, es ist drauf.
00:00:05: Jan Hallöchen, ich freue mich dich zu sehen und zu hören, Clemens, an diesem trübtristen, tropfigen Morgen.
00:00:17: Jan Natürlich ist es bei dir wunderschön, es scheint die Sonne sehr unverschämt, ehrlich.
00:00:21: Clemens Weins Ja, ja, ja.
00:00:23: Clemens Weins Das ist ein Traum.
00:00:25: Clemens Weins Ein goldener Herbst.
00:00:26: Clemens Weins Es ist, dass es fies sein muss.
00:00:27: Jan Ach, hör doch auf.
00:00:28: Clemens Weins Es ist ein Träumchen.
00:00:29: Jan Deutschland, wirklich, das Saarland, es ist unterschätzt, ein Sonnenloch ist und so mögest du bitte diesen Tag beginnen, das ist ein guter Move.
00:00:30: Clemens Weins Da würdest du sagen, Gott hat es gut mit dir gemeint.
00:00:38: Clemens Weins Aber die Frage ist dann im Umkehrschluss, hat das mit dir nicht gut gemeint?
00:00:41: Clemens Weins Das wäre dann die andere Frage.
00:00:42: Jan Nein, der Herr weiß um meine, also ich gehe ja ganzheitlich durchs Leben und der Tag heute, was haben wir heute für einen Tag, Clemens?
00:00:46: Clemens Weins Resilienz.
00:00:52: Clemens Weins Einen Tag vor Allerheiligen.
00:00:53: Clemens Weins Präformationstag.
00:00:55: Jan Reformationspark, also in meiner Lebenswelt ist es Halloween und damit stehen aber auch die Vorhandmessen für alle Heiligen an und da geht es ja dann auf die Gräber.
00:00:57: Clemens Weins Halloween.
00:01:06: Clemens Weins Ja.
00:01:08: Jan Also ich rufe heute nochmal so ein bisschen so ein Tod- und Sterbenthema auf, also einmal nochmal erinnern, wir sterben, also du stirbst, der Mensch stirbt, es geht irgendwann zu Ende und die Frage, wie will ich das gestalten, ist relevant.
00:01:20: Clemens Weins Jetzt das Leben ist dahin oder das Ende?
00:01:20: Jan Also das ist
00:01:23: Jan Ja, das bedingt sich ja unglaublich, weißt du.
00:01:25: Jan Das Hinleben, ja, wir sind schon an dem Thema.
00:01:25: Clemens Weins schon ein thema
00:01:29: Jan Also ich werde gleich, ich habe gleich eine verantwortungsvolle Aufgabe.
00:01:34: Jan Ich fahre gleich zur Verwandtschaft nach Düsseldorf.
00:01:39: Jan Und da liegt ein Onkel schwer, der wird sterben.
00:01:44: Jan Vielleicht wäre es sogar ein Wunsch, dass er bald sterben kann.
00:01:49: Jan Der ist schwer erkrankt an einer nervlichen Erkrankung und ich habe die Bitte bekommen, nochmal eine Krankensalbung zu feiern.
00:01:57: Jan Das ist gleich mein Thema.
00:01:59: Clemens Weins Was?
00:02:00: Clemens Weins Ich überlege gerade.
00:02:00: Jan Ich glaube, das ist jetzt auch palliativ schon unterwegs eingestellt.
00:02:05: Jan Das ist sowas, was man gut an so Halloween, an so einem Vorabend zu aller Heiligen und zu aller Seelen dann machen kann.
00:02:12: Jan Und in dem Zusammenhang möchte ich dich gerne fragen, wo möchtest du mal bestattet sein?
00:02:24: Jan Bitte?
00:02:29: Clemens Weins Ich muss offen gestehen, dass mir das ziemlich Rille ist.
00:02:34: Clemens Weins Also ich meine, ich bin ja weg.
00:02:38: Clemens Weins Die Frage ist ja eher nicht, wo ich bestattet sein will, sondern wo wollen mich meine Angehörigen bestattet sehen.
00:02:42: Clemens Weins Das ist ja eine ganz andere Fragestellung.
00:02:45: Clemens Weins Und dann würde ich es anders formulieren.
00:02:46: Clemens Weins Also ich, mir ist es Rille, weil ich bin tot.
00:02:48: Clemens Weins Deswegen kann man mich auch gerne in die Luft jagen mit dem Schredder.
00:02:51: Clemens Weins Das ist mir jetzt nicht egal.
00:02:53: Clemens Weins Aber was nicht egal ist, ist natürlich meine Angehörigen, vielleicht meine Kinder.
00:02:59: Clemens Weins Das wird wahrscheinlich für die traurig genug sein.
00:03:01: Clemens Weins Hoffentlich, wenn ich mich gut verhalte in meinem Leben.
00:03:05: Clemens Weins Und dann würde ich sagen, also für meine Kinder würde ich sagen, Friedwald.
00:03:12: Clemens Weins Sehr schön.
00:03:12: Clemens Weins Also ich glaube, das wird die gefreut, wenn die dann an so ein Bäumchen gehen und dann an Papa denken.
00:03:17: Clemens Weins Ich glaube, das wäre eine schöne Sache.
00:03:20: Clemens Weins Ich finde Friedhöfe jetzt nicht so sonderlich, für mich jetzt, wenn Atmosphäre hier würde ich sagen, geht so, kann man machen, ist halt für jeden das Seine.
00:03:29: Clemens Weins Manche finden das total toll, weil das auch eine gewisse Atmosphäre mit sich bringt.
00:03:32: Clemens Weins Ich fände Friedwald richtig schön, weil man dann auch spazieren geht, an den Bäumchen vorbeigeht, kurz Hallo sagt und weitergeht und dann nochmal an den Denken kann.
00:03:41: Clemens Weins Das, glaube ich, wäre für meine Angehörigen schön.
00:03:44: Clemens Weins Daher, also für die würde ich es so machen.
00:03:48: Jan Hast du noch nie irgendwie einen Friedhof gesehen, wo man auch spazieren gehen kann?
00:03:52: Clemens Weins Doch, natürlich, wenn es den gibt.
00:03:53: Clemens Weins Also wenn es jetzt nicht so ein klassischer Friedhof ist, wie ich mir gerade vorstelle, dann natürlich.
00:03:58: Clemens Weins Also wenn es jetzt ein schöner Friedhof wäre, wo ich sagen würde, boah, das kann ich mir nur bevorstehen, da gehst du hin, hast nicht gleich beim Einstieg schon Depressionen, sondern gehst da drüber, denkst eigentlich schön hier.
00:04:07: Clemens Weins friedvoll, schön, klasse und man kann jetzt auch würdevoll immer wieder Hallo sagen und Tschüss sagen, dann denke ich, wäre das auch eine Variante.
00:04:16: Clemens Weins Das müsste ich dann gucken.
00:04:17: Clemens Weins Aber also nochmal, ich für mich, mir ist das komplett egal, weil mich wird es nicht mehr kümmern.
00:04:23: Clemens Weins Mir ist es aber nicht egal für meine Nachkommen.
00:04:27: Clemens Weins Das heißt, für die würde ich sagen, mach es schick und friedlich und freundlich vor allem.
00:04:33: Clemens Weins Dann würdest du mich auch gleich fragen, wie sieht meine Beerdigung aus?
00:04:35: Clemens Weins Würde ich die Feier gestalten?
00:04:37: Clemens Weins Auch hier würde ich sagen, ich würde sie so gestalten, also ich würde empfehlen, sie so zu gestalten, dass man sich bestmöglichst an mein Wesen erinnern kann.
00:04:46: Clemens Weins Dass es dann in den neuronalen Netzen dieses Gehirns auch so wieder klirrt, dass man sagt, ich sehe quasi vor mir.
00:04:53: Clemens Weins So sollte man eine BRDU feiern und das sollte dann auch so gestaltet sein.
00:04:56: Clemens Weins Bitte nicht.
00:04:58: Clemens Weins Und da müssen wir sich, ich glaube, das entscheidet selbst.
00:05:01: Clemens Weins Also ich glaube, das weiß dann schon jeder, der mich kennt.
00:05:03: Clemens Weins wie ich das sehen würde und was ich überhaupt nicht gern sehen würde.
00:05:06: Clemens Weins Da würde ich gar keine, also auch da keine Vorgaben, sondern so schaut, dass es irgendwie nett wird und macht, was ich aber schon mal sagen kann.
00:05:13: Clemens Weins Ich glaube, ich würde nicht mögen, wenn man so eine schwarze Trauerfeier draus macht, wo alle nur rumsitzen und Brötchen essen.
00:05:20: Clemens Weins Nein, ich glaube, das wäre es wahrscheinlich nicht.
00:05:21: Jan Es kommt oft erst danach.
00:05:22: Jan Also das mit den Brötchen kommt heute, in der Regel kommt es eigentlich erst nach der Trauerfeier.
00:05:24: Clemens Weins Das kommt dann danach.
00:05:25: Clemens Weins Ja, genau, das kommt danach.
00:05:27: Clemens Weins Aber das gehört ja dazu, das gehört ja dazu.
00:05:29: Clemens Weins Das gehört ja dazu.
00:05:32: Clemens Weins Ja, ja, genau.
00:05:32: Clemens Weins Aber da gehört ja alles dazu.
00:05:34: Clemens Weins Am Ende ist es dann so das und das.
00:05:34: Jan Du könntest das sehr aufbrechen, wenn du sagst, hier werden die Metthälften schon am Friedhofseingang verteilt.
00:05:35: Clemens Weins Ja.
00:05:35: Clemens Weins Auch geil.
00:05:35: Clemens Weins Auch
00:05:40: Jan Ohne Brötchen kommt keiner ans Grafen.
00:05:42: Clemens Weins Ich denke, mit hungrigem Magen dazu stehen, ist ja auch scheiße.
00:05:46: Clemens Weins Trink einen Kaffee dabei und guck zu, ist doch auch schön.
00:05:49: Clemens Weins Also ich bin ein Typ, der wird das sogar befürworten, wenn der Priester sagen würde, Herr Weins hätte am liebsten, der gute Klebe ist, hätte am liebsten gedacht, was soll man hier mit Hunger stehen, Freunde?
00:05:49: Jan Wir haben ein paar Häppchen vorbereitet.
00:06:02: Clemens Weins Das Leben ist nur dann, ja, das Leben ist nur fruchtbar, wenn man auch was isst.
00:06:03: Jan Greif zu.
00:06:06: Clemens Weins Greift zu und schaut um zu.
00:06:07: Jan Er hat den Löffel abgegeben, aber für euch noch was vorbereitet.
00:06:08: Clemens Weins Ja,
00:06:11: Clemens Weins Das ist mein Ziel.
00:06:12: Clemens Weins Du hast es erkannt.
00:06:13: Clemens Weins Das ist so würdig vererdet.
00:06:15: Clemens Weins Traumhaft.
00:06:17: Clemens Weins Was ich hassen würde, wäre dieses standardisierte, da kannst du mich mit jagen.
00:06:21: Jan Ja, jetzt warte mal, warte mal.
00:06:22: Jan Also, Clemens, ich habe ein, ja, du bist tot, ich habe verstanden, dir ist das alles egal und ich möchte jetzt sagen, mach es nicht.
00:06:22: Clemens Weins Aber ich bin ja tot, mir ist egal.
00:06:24: Clemens Weins Mach, was die Anhörigen wollen.
00:06:25: Clemens Weins Mach es nicht.
00:06:28: Jan Mach es dir nicht so einfach, weil, ja, so nicht, also nicht so einfach.
00:06:34: Jan Mir ist halt alles scheißegal.
00:06:35: Jan Also, weil folgendermaßen.
00:06:37: Jan Wir beide werden ja hoffentlich alt und grau und also noch einige Zeit hier erleben und wir werden erleben, dass sich die Friedhochskultur in einer Weise ändert, dass es vielleicht doch sinnvoll ist, dass du vorher dir so zwei, drei Wünsche vielleicht immer mal hingeschrieben hast, weil...
00:06:55: Jan Rheinland-Pfalz, erstaunlicherweise Rheinland-Pfalz und nicht eins von den Bundesländern, die mal zur DDR gehört haben, da war das mit dem Christlichen ja wirklich nicht so en vogue.
00:07:11: Clemens Weins Mhm.
00:07:11: Jan Aber ausgerechnet Rheinland-Pfalz, wo ich mal sage, ist schon ein christliches Kernland, hat jetzt reagiert auf...
00:07:11: Clemens Weins Mhm.
00:07:18: Jan Wünsche, Bedürfnisse der Wähler, Wählerinnen.
00:07:22: Jan Die Regierung in Rheinland-Pfalz hat jetzt als erstes Bundesland die Friedhofspflicht so aufgeweicht, dass ich sage, das ist ein Dammbruch.
00:07:32: Jan Also auf dem Papier besteht sie noch, die Friedhofspflicht, die zurzeit Bundeswahl gilt.
00:07:37: Jan Aber Rheinland-Pfalz hat sie jetzt, das ist Länderhoheit.
00:07:40: Jan Und Rheinland-Pfalz hat sie aufgeweicht in der Form, dass...
00:07:44: Jan Der Mensch selber, jetzt der Lebende, kann entscheiden, wo er und wie er beerdigt, bestattet, verstreut werden will.
00:07:55: Jan Und das ist dann verbindlich.
00:07:57: Jan Also wenn die Angehörigen mit so einem Papier des Verstorbenen zum Bestatter gehen und sagen, sie hat entschieden, sie möchte da und dort verstreut werden, in einem See, in einem Wald, bei uns im Garten, gar nicht verstreut werden, Kaminsims, dann ist das in Ordnung.
00:08:15: Jan Und damit ist die Friedhofspflicht im Grunde perdu.
00:08:15: Clemens Weins Okay.
00:08:15: Clemens Weins Oh ja.
00:08:19: Jan Das hat einmal Implikationen für Bestatterinnen, Bestatter und vor allem die Träger von Friedhöfen, also Kommunen und Glaubensgemeinschaften.
00:08:26: Jan Das ist nochmal krass.
00:08:28: Jan Das wird in Rheinland-Pfalz binnen von zehn Jahren, ist meine Prognose, wird das...
00:08:35: Jan ... Raumplanerisch, Städteplanerisch, echt greifen, tiefgreifen, das wird was machen, wird ethische Fragen aufwerfen und es wird Familienvorherausforderungen stellen.
00:08:46: Jan Und das ist jetzt mein Hinweis.
00:08:47: Jan Also ich sehe das in den Niederlanden und mein Bruder wohnt in Eupen, das ist Belgien, deutschsprachig Belgien, mal vielleicht davon erzählt...
00:08:51: Clemens Weins Ja.
00:08:56: Jan Davon zu erzählen, die teilen sich, also die haben, das ist so ein Auenlandgrundstück, so ein bisschen hügelig und unten fließt ein Bächlein, also wirklich wunderschön mit Blick ins Grüne.
00:09:06: Jan Und von ihrer Terrasse aus schauen die halt runter in so ein kleines Bachtal und die teilen sich ein Feld mit dem Nachbarn, der hinter denen wohnt.
00:09:18: Jan Also der hat an der Seite so ein Zuwegerecht zu seinem Anteil vom Feld nach unten.
00:09:24: Clemens Weins Mhm.
00:09:24: Clemens Weins Mhm.
00:09:25: Jan Der größere Teil des Feldes gehört zum Haus meines Bruders.
00:09:29: Jan Und wenn die auf der Terrasse sitzen, dann schauen die einfach in dieses Bachtal und dieses Feld runter zum Bachlauf.
00:09:36: Jan Schön, so große Pappeln stehen, also wirklich idyllisch, bisschen Auenland-mäßig.
00:09:40: Jan So.
00:09:41: Jan Und da gibt es einen Blickfang, der ist ein bisschen beeindruckend.
00:09:46: Jan Und zwar steht da ein wirklich, ich sag mal so, nicht besonders schön, also der ist eher hässlich.
00:09:52: Jan So ein Betonengel steht da so, mitten im Feld, auf der Seite des Nachbarn.
00:09:59: Jan Und der hat da seine erste Frau beerdigt.
00:10:03: Clemens Weins Notissimo.
00:10:03: Clemens Weins Ja, ja.
00:10:04: Jan Ja, also die haben dieses Grundstück gekauft und sie haben erklärt bekommen, was das ist.
00:10:11: Jan Die konnten sich also dazu verhalten.
00:10:14: Jan Das ist nicht das Grundstück.
00:10:14: Jan Also das Grundstück ist, der Engel steht nicht auf deren Grundstück.
00:10:19: Jan Aber man müsste echt landschaftsbaulich einiges dafür tun, wenn man sagen würde, wir sitzen auf unserer Terrasse und wir möchten gar nicht auf die Ex-Frau, auf das Grabmal der Ex-Frau unseres Nachbarn schauen, wenn wir jetzt dieses Haus hier kaufen.
00:10:32: Jan Die hätten da wirklich mit Baumstrauch-Mauerwerk arbeiten müssen, um das einzufangen und wegzugestalten.
00:10:40: Clemens Weins Also man darf jetzt entländern, falls auch eine Person in deinem Garten begraben.
00:10:44: Clemens Weins Ja, faszinierend.
00:10:44: Clemens Weins Finde ich gut.
00:10:44: Clemens Weins Ja klar, ja klar.
00:10:44: Clemens Weins Ja.
00:10:45: Jan Ja, so ist es.
00:10:47: Jan Ja, und das hat halt Implikationen für die Familie, für Trauernde.
00:10:53: Jan Und für Menschen im Quartier, in der Nachbarschaft.
00:10:58: Jan Irwan wird gesagt, also ein anderes Beispiel.
00:11:01: Jan In Kevela.
00:11:02: Jan Kevela ist Deutschland.
00:11:03: Jan Kevela liegt am Niederrhein und ist die Grenze zu den Niederlanden.
00:11:08: Jan Niederlande hat auch sehr, sehr freie Bestattungsregeln.
00:11:12: Jan Also die sind sehr dereguliert.
00:11:16: Jan Und du kannst da einfach deinen Verstorbenen mitnehmen.
00:11:19: Jan Du kannst den pressen lassen in einen Diamanten, umarbeiten lassen in die Erde für eine Toppflanze.
00:11:27: Jan Also da geht alles.
00:11:28: Jan Ehrlich, da geht alles.
00:11:28: Clemens Weins Ah?
00:11:28: Clemens Weins Ah?
00:11:29: Jan Zum Mond schießen, einfrieren, alles geht in den Niederlanden.
00:11:33: Jan Und da gibt es jemanden, das ist ein Move, das passiert selbst in Recklinghausen, wenn also in Recklinghausen ein Mensch verbrannt wird.
00:11:45: Jan Dann kann das sein, dass das ein Krematorium ist in den Niederlanden.
00:11:48: Jan Das kann ich einrichten.
00:11:50: Jan Und dann lasse ich die Asche vier Wochen lang im Krematorium.
00:11:56: Jan Und nach vier Wochen kannst du auch als deutscher Angehöriger deinen deutschen Verstorbenen als Asche nach vier Wochen einfach abholen und mitnehmen.
00:12:05: Jan Und damit tun, was du willst.
00:12:08: Jan Und das ist in den Grenzregionen passiert das häufiger.
00:12:12: Jan Und das führt dazu, dass Freunde haben ein Haus gekauft und da gehört ein Garten vorne und hinten dazu.
00:12:16: Clemens Weins Das kommt.
00:12:24: Jan Und irgendwann kamen Menschen und sagten, können wir mal kurz bei euch im Garten, da liegt die Tante.
00:12:32: Jan Hahaha.
00:12:37: Jan Also die Vorbesitzer dieses Hauses haben da einfach mal irgendwie eine Schwester, also da wurde irgendwann mal eine Schwester beerdigt, die Tante wurde da beerdigt.
00:12:46: Jan Und jetzt kamen halt Nichten und Neffen im Alter meiner Freunde, die sagten, wir würden gerne nochmal hier gucken, wo die Tante liegt.
00:12:52: Clemens Weins Da haben wir Probleme, wenn jemand das Haus dann verlässt und verkauft und da liegt noch die Oma im Garten.
00:12:55: Jan Ja, und da denke ich mir, hier ist eine Problemanzeige.
00:13:05: Clemens Weins Ist das in der Tat, oder ob der Opa im Garten, das ist in der Tat schwierig für die Angehörigen dann zu sagen, ich gehe mal kurz in den Garten von Herrn Müller.
00:13:13: Clemens Weins und schaue mir meine Mutter an.
00:13:15: Clemens Weins Das ist natürlich schräg.
00:13:17: Clemens Weins Das würde ich auch als schräg empfinden.
00:13:18: Clemens Weins Ich mache gerade Grillparty, sage, ich will hier noch eine Würste, komm mir vorbei.
00:13:20: Jan Ja.
00:13:20: Jan Oma ist... Ja, die Tante.
00:13:22: Clemens Weins Was ist denn sie denn?
00:13:23: Clemens Weins Da hinten liegt meine Oma, wie ihre Oma.
00:13:26: Clemens Weins Ich würde die gerne kurz und dann bleibt das Würste an ihrem Hals stecken.
00:13:30: Clemens Weins Das verstehe ich auch.
00:13:31: Clemens Weins Bisschen schräg.
00:13:32: Clemens Weins Bisschen schräg.
00:13:32: Jan Ja, oder ich möchte meine Tante verstreuen im Teich XY, aber das ist halt Privatgewässer.
00:13:33: Clemens Weins Ja, das ist nicht gut.
00:13:40: Jan Und auf einmal ändern sich Nutzungsbedingungen und man kann, die Anrainer müssen jetzt, ja, das ist nicht das Problem, aber ich will nur sagen, es wird sich lohnen, sich die Mühe zu machen, zumindest in Rheinland-Pfalz schon mal,
00:13:43: Clemens Weins Wenn die Fische dann die Asche essen, weißt du, das ist alles schräg.
00:13:54: Jan Aber ich bin davon zu 100% überzeugt, dass die anderen Bundesländer peu à peu in den nächsten Jahren nachziehen werden.
00:13:58: Clemens Weins Dass es den Leuten egal ist.
00:14:04: Clemens Weins Ja, auf jeden Fall, wenn die nachziehen, weil es ja ein Präzedenzfall ist.
00:14:08: Jan Ja, und weil da auch einfach Geld mitverdient werden kann.
00:14:08: Clemens Weins Die Argumentation wird jetzt viel einfacher.
00:14:11: Jan Also das öffnet natürlich für allein das Bestattungsgewerbe nochmal neue Geschäftsfelder.
00:14:14: Clemens Weins Ja.
00:14:15: Jan Also da gibt es eine Lobby, die wird es geben.
00:14:20: Jan Und ich finde das bedenklich, wenn das öffentliche Trauern.
00:14:27: Jan Ich möchte noch ein Problemfeld aufmachen.
00:14:28: Jan Stell dir vor...
00:14:31: Jan Nee, brauchst du die gar nicht.
00:14:31: Jan Also du kannst es wissen.
00:14:33: Jan Du weißt, dass Familien streiten sich.
00:14:36: Jan Und Familien können sich so sehr streiten, dass so der Rubicon überschritten wird.
00:14:42: Jan Dass das Tischtuch zerrissen ist.
00:14:44: Jan So können Familien streiten.
00:14:44: Clemens Weins Ja klar.
00:14:46: Jan Und da gibt es auf einmal um die Trauer die Möglichkeit der emotionalen Erpressbarkeit.
00:14:53: Jan Also...
00:14:55: Jan Der nächste Angehörige entscheidet, der Opa, der Papa, der liegt jetzt bei mir.
00:14:59: Jan Der steht bei mir auf dem Kamin, Sims.
00:15:03: Jan Und schon hörst du das Problem.
00:15:06: Jan Auf einmal wird die Trauer und vor allem die unversöhnte Trauer, es gibt ja Trauerfälle, wo Unversöhntes im Raume ist.
00:15:14: Jan Und wo der Gang zum Friedhof möglicherweise irgendwann Narben heilen oder Wunden heilen lässt, Dinge vernarben lässt, dass es möglich ist, irgendwann mal Allerheiligen oder zu Weihnachten zum Grab zu gehen und zu sagen, Vater, ich lasse es jetzt gut sein.
00:15:27: Clemens Weins Ich sehe den Punkt.
00:15:28: Clemens Weins Ja, ich sehe den Punkt.
00:15:33: Jan Ich lasse es jetzt gut sein.
00:15:36: Jan Und wenn Opa aber jetzt oder Papa jetzt auf irgendeinem Kamin-Sims steht, bei einem Bruder oder einer Schwester, mit der ich nicht mehr rede, dann ist nochmal ein Zugang zur Versöhnung verwehrt.
00:15:50: Clemens Weins Ich sehe den Punkt.
00:15:51: Clemens Weins Das ist in der Tat.
00:15:52: Clemens Weins Wir machen es wieder.
00:15:56: Clemens Weins Das löst in mir wieder so ein, ja, also wenn du mich jetzt so fragst, ob ich das gut finde, dass Leute, also die Nachkommen, dass man quasi entscheiden kann, also ich erstmal selber entscheiden kann, wo ich gelegen will und die Nachkommen dann damit leben müssen, finde ich es beschissen.
00:16:11: Jan Ja.
00:16:16: Clemens Weins Ich finde es egoistisch, um es mal so auszudrücken.
00:16:18: Clemens Weins Ich finde das mir zu liberal.
00:16:20: Clemens Weins Weil hier, ich bin ja gerne ein freiheitsliebender Mensch, das Problem ist nur, wenn du selber keinen Einfluss mehr darauf nehmen kannst, was du vor dem Tod an Rahmenbedingungen gesetzt hast, finde ich es einfach ziemlich dreckig und egoistisch, es auf die Nachkommen abzuwälzen.
00:16:34: Clemens Weins Und das klingt hier danach, dass irgendjemand sich durchgesetzt hat und gesagt hat, nee, ist mir scheißegal, ich will liegen, wo ich will, ist mein Recht.
00:16:41: Clemens Weins Und damit hat er auch noch recht bekommen.
00:16:45: Clemens Weins Kann man ja gut sich zurecht argumentieren.
00:16:46: Clemens Weins Ist ja auch nicht falsch.
00:16:47: Clemens Weins Das ist ja auch okay in der freien Welt.
00:16:47: Jan Ist erstmal nicht falsch.
00:16:49: Clemens Weins Ist nicht falsch.
00:16:50: Clemens Weins Dann kommst du trotzdem gesellschaftlich wieder mal, und das haben wir ja mittlerweile auf allen Ebenen schon wieder in Komplexitätsgrad rein, den du eigentlich gar nicht brauchst.
00:17:02: Clemens Weins Keiner hat danach geschrien, es war überhaupt nicht notwendig.
00:17:05: Clemens Weins Nur weil die Kinder hatten in Minderheit sich gedacht, ich brauche mal ein bisschen mehr Freiheit, wenn ich tot bin, wohlgemerkt.
00:17:11: Clemens Weins Und schon wird ja halt ein Mehrheitsrecht raus, was dazu führt, dass die Mehrheit dann plötzlich Dinge tut, am Anfang, weil man gar nicht die Folgen genau absehen kann, die dann zu Problemen führen, die Nachkommen haben.
00:17:23: Clemens Weins Das ist ein Muster, das wir leider in der heutigen Zeit nicht nur in diesem Fall haben, sondern in vielen, vielen, vielen Fällen, was uns zur kompletten Überforderung führt.
00:17:28: Jan Und
00:17:31: Clemens Weins Und jetzt hast du noch die emotionale Ebene dazu gemacht, die hier total extrem ist.
00:17:35: Clemens Weins Also ich muss echt sagen, so lustig das ist, ne,
00:17:39: Clemens Weins Und so egal wie das ist, wo ich am Ende liegen werde, ich würde nicht im Garten liegen wollen von einer Person, weil ich jetzt schon absehen würde, was Nachkommensprobleme sind.
00:17:51: Clemens Weins Das heißt, ja, natürlich, wenn du so sagst,
00:17:57: Clemens Weins Wenn es notwendig ist und das jetzt mittlerweile aufgeweicht ist, natürlich muss ich dann, werde ich dann eine Rahmenbedingung setzen, dass meine Nachkommen im Nachgang nicht so viel Stress haben, weil das wäre, da wären die mir ja scheißegal und das sind sie mir ja nicht.
00:18:06: Jan Ja, ist wie Patientenverfügung.
00:18:12: Clemens Weins Und so egoistisch kann ich gar nicht sein.
00:18:15: Clemens Weins Mhm.
00:18:16: Jan Also christlich sind zwei Dinge relevant, nur eigentlich.
00:18:20: Jan Damit kann ich dann wirklich, kann ich gut meinen Seelsorgerdienst ausführen.
00:18:26: Jan Und zwar, wenn öffentliches Trauern möglich ist und der Name, der Name,
00:18:33: Jan vorkommt, der Name zu sehen ist, dass es einen Ort gibt, der mit dem Namen bezeichnet ist, dass man irgendwo hingehen kann und zwar öffentlich und sagen kann, hier kann ich trauern und hier kann ich auch trauern, wenn ich nicht zur Familie gehöre.
00:18:47: Clemens Weins Ja.
00:18:47: Clemens Weins Ne.
00:18:47: Jan sondern einfach der beste Kindheitsfreund war, der jetzt einmal mich verabschieden möchte.
00:18:47: Clemens Weins Ne.
00:18:47: Clemens Weins Ja.
00:18:53: Jan Und das kann nicht der Kaminsims sein vom Sohn in, keine Ahnung, wo der hingezogen ist, sondern ich weiß, wo ich den Ort habe, wo ich nochmal um den Clemens, wo ich dem Clemens nochmal auf Wiedersehen sagen kann.
00:19:06: Jan Und das ist das Minimum für christliche Bestattungskultur.
00:19:13: Jan Ja,
00:19:14: Clemens Weins Ja, und auch für Menschen, also das muss ja noch nicht mal christlich sein, das ist einfach Mitmenschlichkeit.
00:19:18: Jan Naja, nö, nö.
00:19:18: Jan Ja.
00:19:20: Clemens Weins Also es muss ja, ich finde es einfach daneben, also ich meine, es ist einfach nicht in Ordnung, aber vielleicht bin ich ja deswegen christlich geprägt und deswegen, was du sagst gerade, klingt bei mir, also stößt auf Resonanz, absolut logisch.
00:19:33: Clemens Weins Ja.
00:19:34: Jan Also die Menschen, ich mache nochmal Werbung, es geht jetzt in den Monat mit Totensonntag und Buß- und Betag und es geht zu Ende und die Menschen schmücken die Gräber, die öffentlich sind.
00:19:40: Clemens Weins Ja.
00:19:45: Clemens Weins Ja, ja.
00:19:45: Clemens Weins Ja.
00:19:45: Clemens Weins Ja.
00:19:46: Clemens Weins Ja.
00:19:47: Jan Ja, das ist auch nervig, vielleicht gibt es da auch so ein bisschen so einen Gruppendruck, jetzt scheiße muss ich das gerade nochmal irgendwie fertig machen, aber das Ergebnis von dieser Kultur, das ist eine kulturelle, also das gehört zu unserer Gesellschaft, also zu unserer Trauerkultur zur Zeit noch,
00:20:02: Jan dass Friedhöfe im November geschmückt werden.
00:20:04: Jan Schön befeuert übrigens von der Floristen-Lobby, was auch völlig in Ordnung ist.
00:20:12: Jan Ich mache Werbung dafür, in den Dämmerungsstunden am Abend irgendwie 17, 18 Uhr mal auf den Friedhof zu gehen, in den nächsten Tagen und Wochen jetzt im November und nochmal sich bewusst dem auszusetzen und zu gucken, wie fühlt sich das an, wie sieht das aus,
00:20:23: Clemens Weins Ich habe ich heute Morgen auch gedacht, als ich mir noch über alle Heiligen nachgedacht habe, dachte ich mir, das ist schön eigentlich und traurig zugleich, weil die Feiertage ja gerade alle eigentlich im Geist schon abgeschafft sind und wahrscheinlich irgendwann auch zunehmend abgeschafft werden, dass es schade ist, dass wir nicht mehr Tage haben, an denen wir kollektiv
00:20:50: Clemens Weins gemeinsam sagen, oh, lass uns noch mal unseren toten Angehörigen bedenken.
00:20:54: Clemens Weins Das hat auch Vorteile.
00:20:55: Jan Familien haben sich getroffen.
00:20:55: Clemens Weins Ich kann mir gut vorstellen, dass es früher mehr in Gruppen passiert ist, dass man sich noch mal unterhalten hat über den alten Rainer und den Rüdiger und die Heine und die Christianer, dass sich Familien getroffen haben, dass man einfach so ein bisschen, dass man gemeinsam noch mal was an einem Tag kollektiv gemacht hat.
00:21:15: Clemens Weins Das schweißt ja auch mal ein bisschen zusammen, das bringt noch mal die Leute zusammen.
00:21:19: Clemens Weins Und diese Feiertage braucht Gesellschaft, um auch nochmal eine gemeinsame emotionale Resonanz zu spüren.
00:21:27: Clemens Weins Dass wir sagen, wir sind nicht nur verschieden in unseren Gedanken, sondern wir haben auch ganz viel gemeinsam.
00:21:32: Clemens Weins Dieses gemeinsame Gefühl geht uns ja derzeit brutal flöten.
00:21:36: Clemens Weins Ich bin ja nicht dafür, dass wir nur gemeinsame Gefühle haben, das wird mir auch auf den Keks gehen.
00:21:39: Clemens Weins Aber derzeit ist es zu wenig.
00:21:41: Clemens Weins Und daher finde ich solche Feiertage gerade mehr als wichtig, dass Menschen, die das brauchen und wollen, auch sich zusammenfinden können.
00:21:52: Clemens Weins Wird nicht mehr so kultiviert, wird aussterben gerade.
00:21:54: Clemens Weins Vielleicht kommt es auch mit der jungen Generation wieder wieder, kann ja sein.
00:21:55: Jan Ich werde es gleich auf jeden Fall pflegen und zur Familie fahren und ein bisschen am Krankenbett beten und salben.
00:21:56: Clemens Weins Du hast ja manchmal gesagt, es gibt die Jungen, die nochmal hinterher schießen, vielleicht gibt es eine Gegenbewegung, kann ja sein.
00:22:06: Clemens Weins Ja, finde ich gut.
00:22:10: Jan Und dann hören wir uns demnächst wieder.
00:22:12: Clemens Weins Genau, nicht die Oma im Garten, Freunde.
00:22:14: Clemens Weins Nicht die Oma im Garten.
00:22:15: Clemens Weins Es muss nicht sein.
00:22:15: Jan Besser nicht, besser nicht.
00:22:20: Clemens Weins Herrlich, herrlich.
00:22:22: Clemens Weins Ich bin mal kurz durch, kann ich die Tante sehen?
00:22:22: Jan Entschuldigung, darf ich mal kurz?
00:22:23: Jan Tschüss.
00:22:23: Clemens Weins Was?
00:22:24: Clemens Weins Ich bin mal kurz vorbei.
00:22:29: Clemens Weins Ich kriege die Krise.
00:22:31: Clemens Weins Sorge, jetzt lachen wir uns noch ein bisschen kaputt.
00:22:33: Clemens Weins Mach's gut, bis dann.
00:22:34: Clemens Weins Ciao.
Neuer Kommentar